Der Wolf von Pompeji


Der Mann gab ihr das erste Stück Speck und streichelte ihr dabei den Kopf. Das Tier war wunderschön, hatte große dunkle Augen und ein dichtes Fell. Marcus hatte sie lieb gewonnen, seitdem er in sein neues Haus eingezogen war, und er traf sie jeden Tag als allererstes.
Jedoch hatte die Hündin an diesem Tag, anders als gewohnt, keine Lust zu spielen, und auch wenn Marcus ihr wie sonst ein Stöckchen zuwarf, damit sie es suchen ging, blieb sie nur vor ihm stehen.
„Du hast heute wohl keine Lust“, sagte er liebevoll zu ihr.
Er gab nach und hielt ihr das zweite Stück Speck hin. Zu seiner großen Überraschung nahm es die Hündin nicht an, sondern starrte ihn nur an.
„Was ist los? Hast du keinen Hunger? Oder hast du einen großzügigeren Herrn gefunden?“
Die Hündin glitt unter seiner Hand hindurch und suchte den Kontakt mit ihm.
„Oh, du bist heute aber anhänglich…“
Als Marcus über das ungewohnte Verhalten des Tiers staunte, lief sie von ihm weg, in die Villa hinein durch den Dienstboteneingang, der offen geblieben war.
„Komm zurück!“ rief Marcus. „Du darfst nicht in mein Haus. Mit deinem wölfischen Verhalten wirst du meine Diener erschrecken, und sie werden dich verjagen!“
Marcus ging jetzt auch ins Haus hinein, aber die Hündin war schon irgendwo in seinem Palast verschwunden. Er begegnete einer seiner Dienerinnen und fragte sie verlegen:
„Haben Sie vielleicht eine Hündin gesehen? Sie sieht wie ein Wolf aus und ist gerade herein gelaufen…“
Seine Dienerin, erstaunt und sehr beeindruckt, dass ihr Herr sie angesprochen hatte, blickte ihn ängstlich an und schüttelte den Kopf. Danach ging sie so schnell wie möglich weg. Marcus lief die Flure auf und ab und durchsuchte jedes Zimmer, fand das Tier aber nicht.
Als er alle Winkel des Innenhofs abgesucht hatte, hörte Marcus Schreie aus dem Innengebäude. Mitten im Chaos erkannte er die Stimme seiner Frau, die schrie. Er stürzte zur Treppe und lief die Stufen mit so schnell er konnte nach oben. Als er in ihr Zimmer kam, sah er seine Frau in Tränen und seine Diener rannten aufgeregt hin und her. Marcus erblasste. Hélène warf sich in seine Arme:

„Das ist furchtbar“, schrie sie. „Ein Tier, ein Wolf ist plötzlich aufgetaucht und hat unsere Tochter entführt!“
Marcus fühlte sich sehr schlecht. Wie konnte ein Tier, das er immer so gut behandelt hatte, so etwas tun? In Marcus stieg Angst auf, er sprang die Treppen hinunter und schlug Alarm:
„Schließt alle Ausgänge, ein Wolf hat meine Tochter entführt! Ich beschenke denjenigen mit Gold, der meine Tochter zurückbringt!“
Im Haus verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Durch welche Zauberlist hatte das Tier diesen Streich spielen können, und warum blieb es unsichtbar? Handelte es sich um eine Bestrafung der Götter? Aber für welchen Fehler? Marcus wusste nicht mehr, was er denken sollte. Plötzlich hörte er einen Schrei:
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